Helau in bester Eintracht

           Kunterbund: die Fastnacht in den Frankfurter Strassen

Die Fastnacht hat sich erstmals seit 2020 die Frankfurter Straßen zurückerobert. Das Coronavirus, das die Narren zwei Kampagnen lang ausbremste, spielte nicht mal mehr als Zugnummer eine Rolle.

 

Frankfurter Fastnachter scheinen nicht nachtragend zu sein. Anders ist es nicht zu erklären, dass beim Fastnachtszug ein Motiv bei den fast 200 Zugnummern überhaupt keine Rolle spielte: Das Coronavirus, das die Motivwagenbauer des Großen Rats um Zugmarschall René Fischer und seinen Vorgänger Mario Wollnik schon seit 2020 in Handarbeit vorbereitet hatten, ist einfach in den Hallen an der Schielestraße gelassen worden. Das Helau sollte offenbar nicht mehr vom Blick zurück getrübt werden.

 

Seite sind die Narren auch nicht allzu fordernd: Den Eintracht-Spielern Sebastian Rode und Makoto Hasebe stellten sie nicht einfach neben Europa-League- und DFB-Pokal die deutsche Meisterschale und die Trophäe für den Champions-League-Triumph als Ansporn auf den Wagen. Bescheidenheit ist auch in der fünften Jahreszeit eine Zier.

 

Feldmann sorgt für Schmunzeln

 

Großzügig erwies sich derweil Petrus: Ziemlich genau zum offiziellen Zugbeginn um 12.21 Uhr hörte der Nieselregen auf, es zeigte sich gelegentlich die Sonne, was der Stimmung unter den Zuschauern förderlich war. „Es war ein großartiger Umzug. Die Fastnacht hat sich zurückgemeldet nach der Pandemie“, sagte Mario Wollnik, Vizepräsident des Großen Rats und Mitorganisator des Zugs. „Wir haben vom Wagen aus gesehen, wie sehr die Leute sich gefreut haben.“ Entlang der vier Kilometer langen Strecke vom Mainkai über Rossmarkt, Hauptwache und Braubachstraße bis zum Römerberg wurde ausgelassen gefeiert. Vergessen waren die Sorgen der Fastnachter, die aufgrund wachsender Sicherheitsanforderungen mit immer höheren Kosten zurechtkommen müssen. Besonders laut wurde es immer dann, wenn der Straßenrand aus riesigen Boxen beschallt wurde.

           FRANKFURTER FASTNACHT: Der Zug ist wieder da

Zumindest auf der Ehrentribüne, wo sich vor allem das kommunalpolitische Frankfurt versammelte, ging oft ein Raunen durch die genau gegenüber dem Rathaus aufgebauten Ränge, wenn einer der Motivwagen mit Bezügen zu lokalen oder globalen Themen vorbeirollte. Ganz zu Beginn machte sich ein als Eulenspiegel gekleideter Peter Feldmann mit der Amtskette in der Hand über die Römerdächer hinweg davon. Die gelungene Anspielung auf Feldmanns Pokalklau nach dem Europapokaltriumph der Eintracht zählte zu den Höhepunkten des Zuges.

 

Der von Göttin Europa durch die Stadt getriebene Putin – samt Panzer als Rohrkrepierer dargestellt – sorgte ebenfalls für Gesprächsstoff. Aber auch die Botschaft der Schausteller kam an, die auf einem eigenen Wagen auf ihre Interessen bei der Planung für den Festplatz am Ratsweg hinwiesen. Auf riesigen Lebkuchenherzen war ein mit Zuckerguss gespritzter Slogan zu lesen: „Die Dippemess macht uns Sorjefalde, die müsse mer unbedingt erhalde.“

 

Nur zwei OB-Kandidaten dabei 

 

Das bemerkenswert einträchtige Bild, das die beiden Oberbürgermeister-Kandidaten Uwe Becker (CDU) und Mike Josef (SPD) bei ihrer gemeinsamen Runde auf dem Paradewagen des Großen Rats durch die Stadt hinterließen, sorgte hingegen auch für nachdenklichere Blicke. Ein wenig streitlustiger könne es vielleicht doch zugehen im Wahlkampf. Immerhin: Die beiden Kandidaten wetteiferten beim Werfen der „Knolle“, die sie mit vollen Händen ins Publikum schleuderten.

 

Von den übrigen 18 Oberbürgermeisterkandidaten, wenn sie überhaupt zugegen waren, setzte sich nur noch der Kandidat der Satirepartei „Die Partei“ publikumswirksam in Szene: Auf der Ehrentribüne präsentierte sich Nico der Stadtverordnete Wehnemann kurzzeitig im Gewand des fiktiven Oberbürgermeisteranwärters „Prof. Dr. Dr. Bembel“.*

 

                                             #OBembel  © Twitter/NicoWehnemann

 

Manuela Rottmann (Die Grünen) hatte hingegen am Nachmittag fast parallel zum Zug sogar einen Wahlkampftermin anberaumt mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und dem hessischen Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir.

 

Die Heddemer Käwwern wiesen derweil für jene, denen der Zug gegen 16.11 Uhr zu früh beendet schien, einen Ausweg: Wer noch mehr Helau will, der kann am Dienstag beim Zug durch „Klaa Paris“ weiterfeiern.

 

*Anm. d. Red.: In einer ersten Version hatten wir übersehen, dass der Oberbürgermeister-Kandidat „Prof. Dr. Dr. Bembel“ beim Zug kurzzeitig präsent war. Zur Wiedergutmachung haben wir nun den Tweet von Nico Wehnemann im Gewand des Partei-Kandidaten nachträglich in den Text eingebaut.

 

Quelle: F.A.Z.